Als Manuel Dörflinger von Südwestrundfunk gefragt hat, ob ich mir vorstellen könnte, Host für einen Podcast zu sein, war ich erst einmal verunsichert. Ich bin Autor, Schreiber und mit Grund ziehe ich mich häufig auf dieses Medium zurück, hinter dem ich als Person verschwinden kann.
Bisher habe ich mich immer an das Motto gehalten: Es geht um die Geschichte, nicht um den Menschen, der sie erzählt.
Und nun soll ich mich vor Mikrofone setzen, während bis zu fünf Kameras mich filmen, wie ich mit prominenten Menschen rede?
Auch das Konzept war experimentell – und hat mich verunsichert: Als Autist tue ich mir manchmal schwer mit subtilen Formen von Humor, mit Ironie und Sarkasmus. Genau das sollte nun ins Zentrum des Konzepts – ein Autist lädt Comedians ein und befragt sie danach, wie Humor funktioniert.
Meine Angst: Degradiere ich mich damit zu einem Zirkuspferd, das die Diagnose Autismus lächerlich macht, zugunsten eines neuen Formats und für ein paar Tausend Klicks?
Am Ende habe ich zugesagt. Das Wort Autismus wird inflationär verwendet und selten verstanden, darüber habe ich bereits in der ZEIT geschrieben. Im SWR-Podcast »Nicht Witzig« habe ich die Chance gesehen, zumindest ein wenig aufzuklären.
Entstanden ist etwas Großartiges: Ein Deeptalk-Format, in dem es eben nicht um flache Witze oder schnelle Lachnummern geht, sondern um Fragen der Gesellschaft und des Lebens. Mit Gästen wie Hazel Brugger, Bülent Ceylan, Nikita Miller, Helene Bockhorst, Moritz Neumeier und vielen anderen darf ich über das Aufwachsen unter gewaltvollen Vätern reden, über Stereotype in der Gesellschaft und die Schwierigkeiten von Integration, über die Bedeutung von Religion, aber auch Depressionen – und darüber, was das alles nun mit Humor und einem Auftritt auf den größten Bühnen Deutschlands zu tun haben soll.
Was mich überrascht hat: Sehr viel. Humor, das heißt für viele meiner Gäste, ihre Schicksalsbrüche und Lebenserfahrungen zu verarbeiten. Und sich die Deutungshoheit über Situationen zurückzuholen, in denen sie sich ursprünglich einmal als Opfer gesehen haben.
»Nicht Witzig« gibt es zu sehen auf YouTube oder zu hören auf Spotify, ApplePodcasts und in der ARD-Audiothek.
Gerne reinhören!