DLF und Ö1 berichten über erzählerische Wissenschaftskommunikation

Als ich das erste Mal versucht habe, ein Thema aus dem Bereich der Wissenschaft erzählerisch zu vermitteln, war das eine Herausforderung. Aber eine, die Spaß gemacht hat.

Ich bin dabei geblieben, habe mich mithilfe von Stipendien und Förderungen in den USA, in  Island,  aber auch durch viele kluge Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen weitergebildet, mich in Hunderte Studien zur Reizverarbeitung, zum Lernverhalten und zur Konzentrationsfähigkeit des Menschen eingelesen, aber auch dazu, was das alles mit dem Erzählen von Geschichten zu tun hat.

Trotzdem habe ich von Kolleginnen und Kollegen aus den Wissens-Ressorts deutschsprachiger Medien immer sinngemäß wieder den Satz gehört: »Erzählen und harte Wissenschaft, das verträgt sich nicht.«

Ich war damals schon überzeugt: Das ist ein Irrtum. Und durch meinen Weg konnte ich beweisen: Erzähltechniken und eine Wissenschaftskommunikation, die wahrhaftig ist, die den Fakten treu bleibt und dennoch mit dem Sog einer Geschichte daherkommt – das ist sehr wohl möglich.

Heute lehre ich zu erzählerischer Wissenschaftskommunikation unter anderem am Forschungszentrum für Wissenschaftskommunikation der Universität Tübingen und an journalistischen Fortbildungsstätten wie der Reporter Akademie in Berlin, der Reportageschule Reutlingen oder im Rahmen der Medien-Vielfalt-Förderung der Heinrich Böll-Stiftung und berate immer wieder führende Mitarbeiter von Forschungsinstitutionen wie etwa die Leibniz-Gemeinschaft darin, wie man auch Komplexes so erzählt, dass die Inhalte bei möglichst vielen Leuten ankommen.

Über meinen Ansatz, die Wissenschaftskommunikation zu verändern, darüber, wie positiv inzwischen viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darauf reagieren, aber auch darüber, auf wie viele Widerstände ich schon gestoßen bin, und zeitweise immer noch stoße, darüber haben sowohl der Österreichische Rundfunk, Ö1, als auch Deutschlandfunk Kultur nun jeweils längere Sendungen veröffentlicht.

Hier zum Nachhören:

DLF – Darf Wissenschaft Geschichten erzählen?

Ö1 – Fakten mit Emotionen aufladen? Erzählerischer Wissenschaftsjournalismus.

Nicht Witzig – SWR-Podcast startet in Staffel 2

Als Manuel Dörflinger von Südwestrundfunk gefragt hat, ob ich mir vorstellen könnte, Host für einen Podcast zu sein, war ich erst einmal verunsichert. Ich bin Autor, Schreiber und mit Grund ziehe ich mich häufig auf dieses Medium zurück, hinter dem ich als Person verschwinden kann.

Bisher habe ich mich immer an das Motto gehalten: Es geht um die Geschichte, nicht um den Menschen, der sie erzählt.

Und nun soll ich mich vor Mikrofone setzen, während bis zu fünf Kameras mich filmen, wie ich mit prominenten Menschen rede?

Auch das Konzept war experimentell – und hat mich verunsichert: Als Autist tue ich mir manchmal schwer mit subtilen Formen von Humor, mit Ironie und Sarkasmus. Genau das sollte nun ins Zentrum des Konzepts – ein Autist lädt Comedians ein und befragt sie danach, wie Humor funktioniert.

Meine Angst: Degradiere ich mich damit zu einem Zirkuspferd, das die Diagnose Autismus lächerlich macht, zugunsten eines neuen Formats und für ein paar Tausend Klicks?

Am Ende habe ich zugesagt. Das Wort Autismus wird inflationär verwendet und selten verstanden, darüber habe ich bereits in der ZEIT geschrieben. Im SWR-Podcast »Nicht Witzig« habe ich die Chance gesehen, zumindest ein wenig aufzuklären.

Entstanden ist etwas Großartiges: Ein Deeptalk-Format, in dem es eben nicht um flache Witze oder schnelle Lachnummern geht, sondern um Fragen der Gesellschaft und des Lebens. Mit Gästen wie Hazel Brugger, Bülent Ceylan, Nikita Miller, Helene Bockhorst, Moritz Neumeier und vielen anderen darf ich über das Aufwachsen unter gewaltvollen Vätern reden, über Stereotype in der Gesellschaft und die Schwierigkeiten von Integration, über die Bedeutung von Religion, aber auch Depressionen – und darüber, was das alles nun mit Humor und einem Auftritt auf den größten Bühnen Deutschlands zu tun haben soll.

Was mich überrascht hat: Sehr viel. Humor, das heißt für viele meiner Gäste, ihre Schicksalsbrüche und Lebenserfahrungen zu verarbeiten. Und sich die Deutungshoheit über Situationen zurückzuholen, in denen sie sich ursprünglich einmal als Opfer gesehen haben.

»Nicht Witzig« gibt es zu sehen auf YouTube oder zu hören auf Spotify, ApplePodcasts und in der ARD-Audiothek.

Gerne reinhören!

DGE-Preis für Wissenschaftsjournalismus

Wenn Journalisten über Wissenschaft berichten, bedeutet das viel zu häufig Frontalunterricht. Dieses Muster möchte ich aufbrechen. Leserinnen und Leser brauchen keine Texte, die geschrieben sind wie von Zahlen durchsetzte Monologe. Sie brauchen das Abenteuergefühl einer Exkursion.

Meine Überzeugung: Je komplexer ein Thema ist, desto spannender muss ein Autor es aufschreiben, um seine Leser auf eine Erkenntnisreise einzuladen.

In diesem Gedanken habe ich mich einem der kontroversen Themen unserer Zeit gewidmet: grüner Gentechnik.

Schon heute vernichten Viruserkrankungen mehr als die Hälfte der möglichen weltweiten Ernten. Grüne Gentechnik könnte helfen, das zu verhindern. Aber sie gilt als nicht natürlich genug. Was wäre wenn… – diese Frage brachte mich dazu, einen Text wie einen Szenario-Entwurf zu schreiben. Würde ein Pflanzenvirus mutieren, etwa so wie es die Menschheit es mit SARS-CoV-2 (Corona) erlebte, was wäre dann? Und wie realistisch ist ein solches Szenario? Der erzählerische Text wurde auf ZEIT ONLINE veröffentlicht.

Nun, fast ein Jahr später, wurde er von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung im Rahmen des jährlichen wissenschaftlichen Symposiums mit ihrem Preis für Wissenschaftsjournalismus ausgezeichnet.

Ich bin dankbar und freue mich sehr über diese großartige Bestätigung!

Georg-von-Holtzbrinck-Preis für Wissenschaftsjournalismus

Größtmögliche Freude über den Georg-von-Holtzbrinck-Preis für Wissenschaftsjournalismus 2021!

Seit einigen Jahren widme ich mich der Aufgabe eine neue Form des Wissenschaftsjournalismus zu erarbeiten. Ein Journalismus, der seine Leserinnen und Leser auf eine Reise zu mehr Erkenntnis mitnimmt, statt sie in die Position nur passiven Konsums zu verbannen. Dafür nutze ich mein Wissen um Erzähltechniken: Eine gut erzählte wahre Geschichte vermeidet den Frontalunterricht, sie lädt Leserinnen und Leser ein und schenkt ihnen das Abenteuergefühl einer Exkursion.

Herausragendes Erzählen und tiefe Recherche, Geschichten mit Sog und die Belastbarkeit penibler Faktentreue – das sind doch Gegensätze, heißt es oft. Immer wieder spiegelten mir Kolleginnen und Kollegen gar: Beides miteinander vereinen zu wollen, das sei absurd. Fesselnder Erzähljournalismus und präziser Wissenschaftsjournalismus, das schließe sich nahezu aus.

Im vergangenen Jahr wurde mir der wichtigste Preis für Wissenschaftsjournalismus im deutschsprachigen Raum verliehen. Ausgezeichnet wurden stellvertretend für meine Arbeit drei Erzähltexte; erschienen sind sie in der ZEIT, im ZEITmagazin und Science Notes.

Foto: Phil Dera/ Holtzbrinck Berlin – Verleger Stefan von Holtzbrinck und Manuel Stark (li.)

Von der Holtzbrinck-Verlagsgruppe heißt es zur Jurybegründung:

Manuel Stark, Jg. 1992, freier Autor und Redakteur bei ZEIT Green, wird in Anerkennung seiner herausragenden wissenschaftsjournalistischen Arbeiten mit dem Georg von Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus 2021 in der Kategorie Nachwuchs ausgezeichnet. Manuel Starks Texte vermitteln auf vorbildliche Weise die Faszination für wissenschaftliche Forschung und überzeugen durch eine klare Sprache, tiefgehende Recherche und Vielseitigkeit bei der Themenwahl. So trägt er mit seinen Arbeiten dazu bei, Wissenschaft nicht nur zu vermitteln, sondern sie für eine breite Öffentlichkeit gut verständlich im Alltag zu verorten und ihre Bedeutung zu begründen.

Sein in DIE ZEIT veröffentlichter Beitrag „Was heißt hier ‚autistisch‘?“ untersucht gesellschaftliche Missverständnisse, erklärt differenziert den Erkenntnisstand der Forschung zum Asperger-Autismus um dann in beeindruckender Weise diese Erkenntnisse aus seiner persönlichen Erfahrung heraus zu beleuchten.

Das drängende Thema der abnehmenden Artenvielfalt vermittelt Manuel Stark in seinem im ZEITmagazin erschienen Text Gut gebrüllt, Hamster!“, indem er einen konkreten Konflikt zwischen dem Artenschutz des vom Aussterben bedrohten Feldhamsters einerseits und dem notwendigen Wohnungsbau andererseits eingehend beleuchtet.

Sein dritter Beitrag „Leben nach dem Tod“, bei Science Notes veröffentlicht, behandelt ebenfalls die Artenvielfalt und überrascht durch die Wahl eines bisher selten beleuchteten Wissenschaftsbereichs: die Kadaverökologie. Manuel Stark erklärt mit seinem Artikel nicht nur den Zusammenhang von mehr Tierkadavern im Wald und der Artenvielfalt, sondern gibt den Leser*innen darüber hinaus ein tiefes Verständnis des Ökosystems Wald.

Nominiert für den Reporterpreis 2020

Der Text „Gut gebrüllt, Hamster!“ erschien am 28. November im ZEITmagazin (ZEIT Nr. 49/2019).

Die Reportage handelt über den Wunsch des Menschen nach bezahlbarem Wohnraum in der Stadt – und den Raub des Lebensraums einer bedrohten Art, die damit einhergeht.

Der Feldhamster stirbt. Weltweit verschwindet er von immer größeren Flächen. Warum?

Das Porträt einer bedrohten Art, die verschwindet, wurde nun für den Deutschen Reporterpreis nominiert. Er gehört zu den ausgewählten Texten in der Kategorie Wissenschaftsreportage.

Top30bis30 – Gewählt unter die besten Nachwuchs-Journalisten des Landes

Das Medium-Magazin, das bedeutenste Branchen-Magazin des deutschsprachigen Journalismus, wählt jedes Jahr die 30 besten Nachwuchstalente bis 30 Jahre. Dieses Jahr ist auch Manuel Stark unter den Top30 bis 30 dabei. Eine vollständige Liste aller ausbezeichneten Journalisten und Journalistinnen findet sich in der Pressemitteilung des Oberauer-Verlags, welcher das Medum-Magazin herausgibt.

Große Freude!!!

Helmut-Stegmann-Preis für „Geteiltes Leid“

Freude! Am Freitag, den 30. November, bin ich auf dem Jahrestreffen des Förderkreises der Deutschen Journalistenschule mit dem Helmut-Stegmann-Preis ausgezeichnet worden. Der Journalistenpreis würdigt den besten Text eines Schülers während der Ausbildung an einer der in Deutschland anerkannten Journalistenschulen.

Mein Text: die Reportage „Geteiltes Leid„, erschienen am 22.12.2017 im Süddeutsche Zeitung Magazin.
Ich freue mich wahnsinnig!

Mehr Infos zum Preis gibt es beim Bayerischen Journalisten Verband:
Aktuell: Manuel Stark gewinnt Helmut-Stegmann-Preis